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DFL-Investor 2.0
Gegen Erlössteigerung um jeden Preis!

Im Frühjahr 2023 ist die DFL mit ihren Investoren-Plänen in ihrer Mitgliederversammlung krachend gescheitert. Knapp sechs Monate später startet sie jetzt einen erneuten Anlauf. Bereits am 11. Dezember sollen die 36 Profiklubs in einer Richtungsentscheidung dafür grünes Licht geben.

Im Vergleich zu den ursprünglichen Plänen im Juni hat sich einiges geändert und die Kommunikation der DFL scheint insgesamt etwas transparenter. Wir nehmen die aktuellen Pläne kritisch ins Visier und kommen auf sechs wesentliche Kritikpunkte: 

  • Überkommerzialisierung führt zu noch mehr Entfremdung
    Auch im neuen Anlauf soll durch die Beteiligung eines Investors die Vermarktung des Profifußballs der Männer verbessert werden. Neben möglicherweise auch nachvollziehbaren Investitionen heißt das vor allem: Die Kommerzialisierung soll weiter vorangetrieben werden. Im Juni war dazu von dubiosen Fan-Token und anderen absurden Vermarktungsideen die Rede, die auch jetzt nicht ausgeschlossen sind.
  • Internationale Vermarktung lässt Schere zwischen DFL-Vereinen weiter auseinander gehen
    Die DFL plant vor allem die internationale Vermarktung  mit den Investoren-Geldern deutlich auszubauen. Die internationalen Vermarktungserlöse werden innerhalb der DFL jedoch besonders ungleich verteilt. Konkret heißt das: Nur drei Prozent dieser Einnahmen gehen an die 2. Liga. In der 1. Liga werden 65 Prozent des Geldes basierend auf den Teilnahmen und den Erfolgen in den UEFA-Wettbewerben verteilt (der Rest des Geldes geht gleichverteilt an die Erstligisten).
    Eine Stärkung der internationalen Vermarktung gegenüber der nationalen Vermarktung führt also unweigerlich dazu, dass die finanzielle Schere zwischen den DFL-Vereinen noch weiter auseinandergeht.
  • Private-Equity-Mechanismen werden übernommen
    “Mitspracherechte sind das A und O”, so lässt sich einer der am Prozess beteiligten Private-Equity-Player zitieren. Auch wenn die DFL die Mitbestimmungsrechte des Investors begrenzen möchte, so kann und wird dieser bei ausbleibendem Wachstum direkt und indirekt versuchen, Einfluss zu nehmen. Private-Equity Investoren wollen Wachstum um jeden Preis. 
    Das Beispiel Ligue 1 und CVC zeigt zudem eindrücklich, unter welche Sachzwänge die Zusammenarbeit mit Investoren die Ligen setzt. 
  • Private-Equity: Geldquellen unbekannt
    Weiterhin gilt: Es gibt keine vollständige Transparenz darüber, woher das Geld der Private-Equity Investoren kommt. Das bedeutet: Keine umfassende Kontrollmöglichkeit inwieweit Gelder verwendet werden, die aus Verstößen gegen Menschenrechte, Waffenhandel oder sonstigen Problemfeldern generiert wurden.
  • Internationale Vermarktungsreisen untergraben Nachhaltigkeitspläne
    Mit rund 100 Mio. Euro plant die DFL zusätzlich zu bestehenden Anreizen Auslandsreisen von Vereinen zu unterstützen. Dies steht im enormen Widerspruch zur Ambition, endlich auch ökologisch nachhaltiger zu werden. Vermutlich ist dies ein Grund, warum die DFL sich noch immer keine verbindlichen Klimaziele gesetzt hat – man meint es einfach nicht ernst.
  • Schon wieder keine Mitglieder-Beteiligung
    Die Proteste Ende vergangener Saison haben eindrucksvoll gezeigt, dass viele Fans eine Investoren-Beteiligung und vor allem auch das intransparente Vorgehen der DFL ablehnen. Diese Kritik versucht die DFL nun mit etwas mehr Informationen zu entkräften. Gleichzeitig plant sie, das Thema im Eiltempo durchzusetzen. Bereits im Dezember soll bei der kommenden Mitgliederversammlung eine Richtungsentscheidung getroffen werden. Durch die straffe Zeitschiene ist eine Rückbindung an Mitgliederinteressen und Gremien in den eingetragenen Vereinen weiterhin nur schwer möglich. 

Endlich inhaltliche Ziele klären

Es geht nicht darum, sich Veränderungen im Profifußball per se zu verweigern. Auch wir sehen, dass sich die Mediennutzung und damit auch der Medienmarkt verändern. Sich hierfür angemessene Lösungen zu überlegen, ist Aufgabe der DFL. Dazu können auch neue Formate, wie eine Streamingplattform, gehören.

Der geplante Deal geht jedoch weit darüber hinaus. Er folgt dem typischen DFL-Motto “mehr Vermarktung – mehr Geld – egal für was”. Dies geht klar an den Erwartungen der Mehrheit der Fans vorbei. Das hat nicht erst, aber in aller Deutlichkeit, die Corona-Pandemie gezeigt. Fans wünschen einen nachhaltigen, basisnahen und zeitgemäßen Fußball statt eines blinden Ausverkaufs.

Wir sind der festen Überzeugung, dass die Klärung inhaltlicher Ziele innerhalb der DFL und davon abgeleiteten Maßnahmen den Fußball in Deutschland deutlich weiter bringen, als blind allen potenziellen Erlössteigerungen hinterherzulaufen. Es ist höchste Zeit, die Grundsatzfrage der inhaltlichen Ziele in der DFL verbindlich zu klären, bevor man weitere Hau-Ruck-Aktionen forciert, deren Effekte langfristig dem deutschen Fußball mehr schaden als nutzen.

Netzwerk Zukunft Profifußball
November 2023

FAQ

In unseren nachstehenden FAQs geben wir einen Überblick über die von uns ausgemachten Unterschiede im Vergleich zum letzten Versuch eines Investoren-Einstiegs innerhalb der DFL und führen weiterhin bestehende Kritikpunkten auf.
(Stand 19.11.2023. Wir werden die FAQ bei neuen Erkenntnissen entsprechend aktualisieren.)

Wie möchte die DFL einen Investor beteiligen?

Juni 2023:
Ein Investor sollte für bis zu 2 Mrd. Euro über 20 Jahre eine Beteiligung von 12,5 Prozent an den DFL-Medienerlösen bekommen.

Heute:
Mit dem Verkauf der Beteiligung an den Medienerlösen sollen laut Medienberichten bis zu 1 Mrd. Euro eingenommen werden. Die DFL plant hierfür einen Investor mit einem einstelligen Prozentsatz über 20 Jahre lang an ihren Medienerlösen zu beteiligen. Dabei spricht die DFL mittlerweile konsequent von einem “strategischen Vermarktungspartner”. Hoch im Rennen sind aber nach wie vor die Private-Equity Investoren, wie CVC. Vor diesen haben bereits im Juni sowohl wir als auch die NGO Finanzwende gewarnt.

Für was plant die DFL das zusätzliche Geld zu verwenden?

Juni 2023:
Das eingenommene sollte Geld auf drei Töpfe aufgeteilt werden:
1. Digitalisierungs- und Internationalisierungsprojekte der DFL
2. Infrastruktur- und Digitalisierungsprojekte in den Vereinen(zweckgebunden)
3. Freie Verwendung in den Vereinen

Heute:
Im neuen Anlauf soll lediglich Topf 1 beibehalten werden. Ein erster Erfolg. Im Detail soll das Geld wie folgt verwendet werden:

  • Der Großteil des Geldes soll in Digitalisierungsprojekte, wie dem Aufbau einer eigenen Plattform gehen (laut Medienberichten rund 60 Prozent). Die DFL stellt die Hintergründe und Notwendigkeit aus ihrer Sicht auf einer FAQ-Seite dar. Darüber hinaus ist mit Formaten, wie den viel kritisierten Fan-Token, als einer von vielen möglichen Pläne zur Erlössteigerung zu rechnen, da diese bereits im Juni von der DFL als Möglichkeit benannt wurden.
  • Rund ein Drittel des Geldes müssen von der DFL dafür verwendet werden, die Abgaben an den Investor auszugleichen. Warum? Der Deal sieht vor, dass der Investor für eine vorab gezahlte Summe jedes Jahr X Prozent der Medienerlöse erhält. Dadurch stehen den Vereinen die ersten Jahre weniger Geld durch die Medienerlöse zur Verfügung als sonst. Die ersten fünf Jahre möchte die DFL ein Teil des Investoren-Geldes nutzen, um diese Lücke auszugleichen. Ab dann erhofft die DFL sich durch die umgesetzten Projekte so viel mehr Geld einzunehmen, dass dies nicht mehr nötig ist.
  • Rund 10 Prozent des Geldes (ca. 100 Mio Euro) möchte die DFL nutzen, um Auslandsreisen zu finanzieren. So schnell sind die ökologischen Nachhaltigkeitspläne wohl schon wieder vergessen.

Dies sind die aktuell formulierten Pläne der DFL, die im Rahmen der Verhandlungen mit potenziellen Partnern noch abgeändert werden können, ohne dass es hierfür einer Rückbindung an die DFL-Mitglieder bedarf.

Wie steht es um die Sorge weiterer Spieltagszerstückelungen oder Spiele im Ausland?

In ihren FAQ schreibt die DFL dazu: Weder Pflichtspiele im Ausland noch neue Anstoßzeiten oder etwaige Mitbestimmungsrechte eines Partners im Bereich der Spielplanung sind Bestandteil der Überlegungen.

Auch wenn die Entscheidung über weitere Spieltagszerstückelungen weiterhin bei der DFL liegt, darf dies nicht mit einem Bekenntnis gegen weitere Anstoßzeiten verwechselt werden. Der Vertrag mit dem Investor hat mit 20 Jahren eine lange Laufzeit. Viele der heute entscheidenden Funktionäre werden dann nicht mehr in ihren aktuellen Positionen sein. Wachsen die Erlöse nicht wie geplant, kann davon ausgegangen werden, dass ein Private-Equity Investor auch indirekt Druck auf die DFL ausüben wird. Hierdurch können weitere fanunfreundliche Entwicklungen nicht ausgeschlossen werden. 

Welche alternativen Finanzierungsmöglichkeiten gäbe es für die DFL?

Die DFL könnte ihre geplanten Investitionen auch ohne einen Investor finanzieren. Eine Möglichkeit wäre eine klassische Fremdkapital-Finanzierung (also z.B. über einen Kredit), doch das lehnen die DFL-Gremien ab.
Grundsätzlich ist jedes Investment, unabhängig von der Finanzierungsmöglichkeit, mit einem Risiko verbunden. Bei einem Kredit muss dieser über die Laufzeit zurückgezahlt werden. Bei der Beteiligung eines Investors müssen die Vereine zwanzig Jahre lang einen festen Prozentsatz abgeben. Problematisch kann dies insbesondere dann werden, wenn die Vermarktungserlöse der DFL nicht wie geplant signifikant gesteigert werden können. Dann müssen die Liga (und somit die Clubs) nicht nur diese geringeren Einnahmen hinnehmen, sondern zusätzlich noch zwanzig Jahre lang einen Prozentsatz dieser geringeren Einnahmen an den Investor zurückzahlen oder den Kredit tilgen. Bei einem Private Equity Investor besteht zusätzlich das Risiko, dass dieser unter massivem Druck weitere Vermarktungsmaßnahmen durchsetzen möchte.
Eine andere Alternative wäre, die Ausschüttungen aus den Medienerlösen an die Klubs zu deckeln. Das Plus über dem Deckel könnte dann für die Weiterentwicklung der Vermarktung genutzt werden. Denkbar wäre auch, die europäisch spielenden Vereine, die durch DFL- und UEFA-Vermarktungserlöse doppelt belohnt werden, finanziell besonders in die Pflicht zu nehmen.

Weitere Informationstipps:

Sportschau Beitrag: Die Milliarde des DFL-Investors und die Stelle nach dem Komma

Finanzwende – Standpunkt: Private-Equity-Firmen werden Einfluss einfordern und Fußball schaden